Gotong Royong und das Spiel „Macanan“

 

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Royo erzählte mir, daß er als Kind bei seinen Großeltern lebte. Als die Oma Witwe wurde, zog sie mit ihm aufs Land, wo sie ein Häuschen und ein Reisfeld besaß. Sie ernährte ihn und sich von einer kleinen Beamten-Pension und dem Reisfeld.

Er erinnert sich, daß seine Oma immer auf den Feldern beschäftigt war. Entweder arbeitete sie auf ihrem Feld oder auf einem Feld der Nachbarn, aber immer in Gemeinschaft mit den Männern und Frauen aus dem Dorf. Die wichtigsten Arbeiten wurden gemeinsam verrichtet. Der Reis wurde gesät, umgepflanzt, bewässert und geerntet, alles manuell. Bei der Ernte und beim Dreschen wurde oft gesungen bzw. mit den Dreschgeräten Rhytmen erzeugt. So ermüdete die Arbeit weniger und machte mehr Spaß. Viele Frauen trugen ihre Kleinkinder auf dem Rücken, mit einem bunten Tuch (Batik) befestigt. Gegessen wurde während solcher Zeit gemeinsam, 2-3 Frauen kochten immer wechselweise.

Man konnte es sich nicht leisten, faul zu sein und sich vor der Arbeit zu drücken. Man hätte sich vor der Dorfgemeinschaft blamiert und würde nicht mehr richtig dazugehören. Das war schwerer zu verkraften als der Verlust von Reichtümern. ( Das meint jedenfalls Royo.)

Sicherlich gab es auch Zankereien, wie überall, wo Menschen leben. Aber Streiten gehörte zum schlechten Ton in dieser Gemeinschaft. Nachgeben war besser, um nicht als schlechter Mensch dazustehen. Sobald eine Partei merkte, daß die andere Partei nachgab, gab sie in der Regel auch nach. So entstand eine Lösung, die für beide Parteien akzeptabel war. Auf diese Art entstanden auch Gesetze, aus der Praxis und dem Leben. Die älteren Personen kennen diese Gesetze aus der Erfahrung. Deshalb werden die alten Menschen so geschätzt. Das ist ein wesentliches Prinzip des Gotong Royong.

Auf die Kinder achtete jeder ein wenig, denn es gab keinen Kindergarten.

Die Kinder kannten damals ein fantastisches Spiel. Man konnte es einfach in den Sand malen. Es heißt „Macanan“ (Tiger fangen). Royo hat es für uns auf ein weißes Blatt Papier gemalt.Wir spielen es manchmal. Es ist fast so unterhaltsam wie „Ubongo“, das wir uns zu Weihnachten ziemlich teuer angeschafft haben. So sieht Macanan aus:

1. Man benötigt 15 Teile beliebiger Art (am besten kleine bunte Steine, auch Bonbons in bunter Mischung sind denkbar, wir nehmen die bunten Plastik-Diamanten von „Ubongo“).

2. Man benötigt irgend etwas, das als Tiger gelten könnte, z. B.einen Würfel oder einen größeren Stein.

3. Zwei Spieler. Einer ist Tiger, der andere das Dorf.

Das Dorf fängt an und setzt einen Stein auf irgendeinen Knotenpunkt (KP). Dann setzt sich der Tiger auf einen beliebigen KP. So geht es im Wechsel weiter: Das Dorf setzt einen Stein, der Tiger rückt in beliebiger Richtung einen KP weiter, bis alle Steine auf dem Feld stehen. Das Dorf darf immer nur 1 KP mit 1 Stein weiterrücken, egal wohin.Der Tiger ebenso. Er darf aber auch über 1 Stein springen und ihn essen. Über 2 darf er nicht, über 3 darf er und sie aufessen.

Der Tiger bemüht sich also ständig, über 1 oder 3 Steine zu springen, um sie aufzuessen. Das Dorf versucht den Tiger zu umstellen, so daß er nicht mehr springen kann. Damit ist er gefangen.

Über dieses Spiel könnte man anfangen zu philosophieren, da es so gut zum Gotong Royong passt. Es ist kostenlos und praktisch, den Zubehör liefert die Natur (Sand und Steine). Es muß nicht aufbewahrt werden (spart Platz im Schrank). Aber das Wichtigste: Es ist die gemeinschaftliche, strategische Abwehr einer Gefahr (Tiger, Schwierigkeiten u.a.) durch die Zusammenarbeit des Dorfes.