Die Geschichte von Felix L.

Felix L. ging es im Jahre 2011 so richtig gut. Er war 34 Jahre alt, ledig und gesund. Er war Manager bei einer großen Versicherung, unterhielt eine schöne 4-Zimmer-Wohnung mit Dachterrasse mit beträchtlichem Komfort und fuhr einen Dienstwagen. Zu dieser Zeit war er in seinem Beruf noch nie krank gewesen.

Jeden Freitag kaufte er in dem nahe gelegenen Supermarkt eine Kiste Bier, weil abends seine Freunde zum Skat kamen. Andere Lebensmittel benötigte er nicht. Man ließ Essen kommen. Er selbst speiste immer im Restaurant. Er trank nicht so gerne Bier, aber den Freunden zuliebe trank er Freitags eine Flasche mit.

Im folgenden Sommer machte er Urlaub am Mittelmeer und frönte ausgiebig seiner Neigung, Meeresfrüchte aller Art, aber besonders Muscheln zu essen.

Wieder zu Hause in München, merkte er bald, daß er nicht besonders fit war. Schließlich war er gezwungen, seine Abneigung gegen Arztbesuche zu überwinden. Er hatte Hepatitis. In der Firma riet man ihm, die Krankheit richtig auszuliegen. Jeder hatte Angst vor Ansteckung, und man konnte schnell seinen Job verlieren bei Krankheit.

Im Herbst war Felix wieder richtig fit und im Winter gönnte er sich einen luxuriösen Ski-Urlaub. Hier brach er sich ein Bein.

Schon während seiner Hepatitis hatte er von der Krankenkasse nur wenig Geld bekommen. In deren Bescheid stand etwas von Selbstverschuldung durch riskante Ernährung. Er hatte sich nur gewundert, woher sie denn wußten, daß er in Italien Muscheln gegessen hatte. Er ahnte nicht, daß sein Kaufverhalten (Bier am Freitag) längst analysiert worden war, und zwar von dem „Institut für Ernährungsverhaltens-Forschung“ in Zusammenarbeit mit seinem Supermarkt. Das Institut lebte vorwiegend von Zuarbeiten für die Krankenkassen.

Nun mußte er sechs Wochen lang sein verletztes Bein auskurieren, und die Krankenkasse kam für gar nichts auf. Risikosportarten sind nicht mehr mitversichert. Felix hatte nie mit Krankheit oder Unfall gerechnet und besaß keine Zusatzversicherung. Jetzt ging es arg an die eigenen Ersparnisse.

Als Felix wieder zur Arbeit kam, wurde ihm gekündigt. Der Firma lag ein interner Bericht von der Krankenkasse vor über den Risikopatienten (Alkoholismus und Risikosport). Davon wußte Felix natürlich nichts. Im Zuge betriebsbedingter Kündigungen war er der erste Betroffene, weil er ledig war.

Felix L. Erschien beim Arbeitsamt. Ein sogenanntes „Harz-5-Geld“ in Höhe von 250,- Euro wurde ihm zuerkannt.

Die folgende Zeit war ausgefüllt mit pausenloser Jobsuche, alles erfolglos.Er wußte nicht, daß Informationen über seinen Lebensstil überall abgerufen werden konnten. Seine Ersparnisse waren inzwischen aufgebraucht, sodaß er die Übernahme der Mietkosten beantragte. Er erhielt eine Ablehnung, da die Wohnung zu groß war. Eine neue Wohnung bekam er nicht, da er inzwischen Schulden hatte.

Einer seiner Singles-Freunde, Mohamad A, bot ihm großzügig an zu ihm zu ziehen. Sie vertrugen sich recht gut, gingen auch mal abends in eine Kneipe, wo Mohamad Bier spendierte, welches Felix jetzt gut schmeckte.

Eines Tages blieben die Zahlungen vom Arbeitsamt aus. Als Felix dort vorsprach, offerierte man ihm, daß er in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte. Mohamad A. müsse für ihn aufkommen.

Man zeigte ihm ein Foto aus der Überwachungskamera der Kneipe, wo Mohamad freundschaftlich den Arm um ihn gelegt hatte. Jetzt rastete Felix richtig aus. Er brüllte: „Ich sprenge Euch hier noch alle in die Luft.“

Von jetzt ab wurden Mohamad und Felix ständig überwacht. Das Arbeitsamt hatte einen Bericht an die seit zwei Jahren existierende Terror-Bekämpfungs-Zentrale (TBZ) weitergeleitet. Ein entfernter Verwandter von Mohamad A.war dort schon länger registriert.

Da in regelmäßigen Abständen in allen größeren Städten Terroranschläge verübt wurden, war es nur noch eine Frage der Zeit, daß auch in München ein Anschlag verübt wurde. Mohamad A. und Felix L. wurden verhaftet.

In der Untersuchungshaft ging es Felix nicht so gut. Er kam auf allerlei unerfreuliche Gedanken.Er überlegte, ob er zum Islam übertreten sollte. Er wollte das Land verlassen, in den nahen Osten ziehen, eventuell Terrorist werden.

Eines Tages schnitt er sich die Pulsadern auf und landete in der Psychatrie. Dort sitzt er bis heute ein.Wir schreiben das Jahr 2020.