Die alte Frau von Bali weiß nicht, was ein Pflegeheim ist. Wenn man es ihr erklärte,würde sie freundlich und ein wenig mitleidig lächeln. Sie würde sagen: Das ist etwas für die ganz Armen. Sie blickt stolz auf eine stattliche Anzahl von Söhnen, Töchtern, Enkeln und Urenkeln. Wenn sie spricht, dann hört man ihr mit Ehrfurcht zu. Niemand wagt es, sie ihr Gesicht verlieren zu lassen.

Mann wird ihr nicht widersprechen, auch wenn man es besser weiß und sowieso tut, was man für richtig hält. Langeweile kennt die alte Frau nicht. Die alten Frauen aus den Nachbarhütten kommen gerne auf ein Schwätzchen vorbei. Außerdem muß sie die Enkelkinder beobachten, die viel Lärm um sie herum machen und deren Streitigkeiten sie immer wieder schlichten muß. Sie hat auch noch Festvorbereitungen zu treffen, denn ihr ältester Enkelsohn wird übermorgen heiraten. Sie hat als älteste Frau in der Familie dabei ein wichtiges Wort mitzureden. Alle Augenblicke kommt eine ihrer Töchter oder Schwiegertöchter, um ihren Rat bezüglich des Zeremoniells einzuholen, denn niemand weiß da besser Bescheid als sie. Ob sie wohl Angst hat vor dem Älterwerden, diese alte Frau? Sie würde nicht verstehen, warum wir sie das fragen. Und wenn wir sie nach ihrem Alter fragen, dann mogelt sie gern ein bis zwei Jährchen hinzu, denn höheres Alter verleiht mehr Würde.

Sie sei doch jetzt schon uralt, sagt sie. Und wenn sie eines Tages im Sterben liegt, dann werden alle um sie herumsitzen, und sie wird sagen: Was, ihr seid alle hier? Und wer paßt auf den Kiosk auf? Sie wird eine würdige und schöne Feuerbestattung bekommen,das weiß sie und ist beruhigt. Es wird alles so sein, wie es immer gewesen ist. Nichts wird fehlen. Weshalb sollte sie Angst haben? Die alte Frau erhebt sich und wendet sich den wichtigen Dingen des alltäglichen Lebens zu.